03.09.2008

[Grundlagen] UN Detention Unit

Die Haftanstalt des ICTY, in welcher die Angeklagten bis zu ihrer Verurteilung oder einem Freispruch untergebracht sind, befindet sich im direkt an der Nordsee gelegenen Den Haager Stadtteil Scheveningen. Ein in den Neunzigerjahren errichteter, eigener Flügel innerhalb eines niederländischen Hochsicherheitsgefängnisses beherbergt als UN Detention Unit die Untersuchungshäftlinge des ICTY, sowie des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC). Der Bereich des ICTY besteht aus insgesamt 84 Zellen, von denen derzeit 38 belegt sind.

Die etwa 15m² großen Räume beinhalten neben Bett, Tisch und einer Sitzgelegenheit auch einen Sanitärbereich mit Waschbecken, Dusche und Toilette. Die Häftlinge verfügen weiters über einen Fernseher, welcher auch Programme in den Landessprachen des ehemaligen Jugoslawien empfängt, und einen Computer ohne Internetzugang. Es gibt keine getrennte Unterbringung für Häftlinge unterschiedlicher Nationalitäten oder ethnischer Zugehörigkeit. Die Zellentüren sind nachts und während des Schichtwechsels der Wachbeamten zur Mittagszeit verschlossen, tagsüber können sich die Häftlinge innerhalb ihres Blocks jedoch relativ frei bewegen. In den Gemeinschaftsräumen besteht die Möglichkeit, Sport zu treiben oder zu kochen, weiters verfügt das Gefängnis über eine Bibliothek und Räume für religiöse Zusammenkünfte. Darüber hinaus werden Kunst- und Sprachkurse angeboten. Mindestens eine Stunde pro Tag können die Inhaftierten im Freien verbringen. Das Gefängnis verfügt über eine medizinische Abteilung, welche die grundlegende Versorgung der Häftlinge, sowie die Erstbehandlung in Notfällen übernimmt. Dies ist gerade angesichts des relativ hohen Alters der Inhaftierten (Durchschnittsalter: 56,8 Jahre (Stand Juli 2008)) und der in vielen Fällen bei Haftantritt bestehenden Gesundheitsproblemen von besonderer Bedeutung. Die Häftlinge können unter bestimmten Voraussetzungen Besuche empfangen, außerdem finden Zusammenkünfte mit Rechtsberatern üblicherweise innerhalb des Gefängnisses statt.
Bei Verstößen gegen die Verhaltensregeln durch die Häftlinge sind Strafmaßnahmen möglich, welche beispielsweise den Entzug von Privilegien oder Gegenständen zum persönlichen Gebrauch wie Fernseher, Radio oder Büchern für einen Zeitraum von maximal einer Woche, mündliche oder schriftliche Verwarnungen, Geldstrafen oder Isolationshaft umfassen. Auf Antrag der Anklage kann bei begründetem Verdacht auf Missbrauch auch der Zugang zu bestimmten Zeitungen und Zeitschriften, sowie das Recht auf (unprotokollierte) Besuche und Telefonate unterbunden werden, wogegen die Häftlinge jedoch Berufung einlegen können.

Bei der Überstellung bereits verurteilter Häftlinge in die Gefängnisse, in denen sich den Rest ihrer Haftstrafe verbüßen werden, kommt es teilweise zu monatelangen Verzögerungen. Eine 2006 durchgeführte externe Überprüfung der Haftbedingungen ergab, dass die gemeinsame Unterbringung von Verurteilten und noch vor Gericht stehenden Angeklagten zu Spannungen führt. Dementsprechend sind diese beiden Gruppen seitdem weitestgehend getrennt untergebracht. Derzeit erwarten zwei der in Scheveningen Inhaftierten (Stanislav Galić und Dragan Jokić) ihre Überstellung ins Ausland.

siehe:

ICTY - UN Detention Unit (mit Fotos)
Rules governing the Detention of Persons awaiting Trial or Appeal before the Tribunal or Otherwise Detained on the Authority of the Tribunal ("Rules of Detention")
Order to the Registrar to separate Convicted and Non-Convicted Detainees held in the Detention Unit (15.06.2006)