09.12.2008

Reaktion der Registry auf Antrag Karadzics

Fristgerecht zum durch die Strafkammer vorgegebenen Datum brachte die Registry am 02. Dezember 2008 eine schriftliche Eingabe in Reaktion auf Karadžićs Antrag auf Zuerkennung höherer Gehälter für seine Rechtsberater ein. Sie weist die Strafkammer darin insbesondere darauf hin, dass entsprechend der bisherigen Praxis des Gerichts im Zuge einer Überprüfung von administrativen Entscheidungen der Registry lediglich zu beurteilen sei, inwieweit die Entscheidung in Übereinstimmung mit den diesbezüglich vorhandenen Regelungen und den grundlegenden Erfordernissen eines fairen Verfahrens erzielt wurde. Dies ist nach Ansicht der Registry in Hinblick auf die zuerkannte Entlohnung von Karadžićs Rechtsberatern entsprechend dem festgelegten Gehaltsschema des Tribunals gegeben.

Das Gehaltsschema wurde von der Registry in Übereinstimmung mit einer Entscheidung der Berufungskammer entwickelt, welche verfügte, dass im Fall sich selbst verteidigender Angeklagter, die nicht über die entsprechenden finanziellen Mittel zur Bezahlung eines Teams von Mitarbeitern verfügen, diese durch das Tribunal entlohnt werden sollen. Explizit hielt die Kammer dabei fest, dass diese Entlohnung nicht mit jener für reguläre Rechtsvertreter vergleichbar sein solle. Während Karadžić der Ansicht ist, dass diese Vorgaben durch die Registry falsch ausgelegt wurden und eine Bezahlung seiner Rechtsberater entsprechend den Vorgaben für Co-Anwälte durch die Entscheidung der Berufungskammer nicht von vornherein für ausgeschlossen erachtet, hält die Registry an ihrer dem Schema zu Grunde liegenden Interpretation der Entscheidung fest.

Die Registry verweist auf mehrere Gespräche mit Karadžić, die sich um dessen Absicht, sich selbst vor Gericht zu vertreten und die damit verbundenen Einschränkungen und Nachteile drehten. In diversen früheren Entscheidungen verschiedener Kammern, darunter der Berufungskammer im Verfahren gegen Slobodan Milošević, werden Nachteile hinsichtlich der zur Verfügung gestellten Ressourcen als zwangsläufige Folge der Entscheidung, sich selbst zu verteidigen, gewertet. Dies beruht auf der Überlegung, dass ein Angeklagter durch die Wahl dieser Form der Verteidigung den Anspruch erhebe, einem Gerichtsverfahren vor dem ICTY mittels seiner eigenen Kenntnisse grundsätzlich ohne Bedarf an zusätzlicher Rechtsberatung gewachsen zu sein, und somit beispielsweise sämtliche schriftlichen Eingaben ohne Hilfe verfassen zu können. Dementsprechend erfolgt lediglich eine Zuerkennung zusätzlicher Mitarbeiter, welche ihn angesichts des großen Aufwands der Vorbereitung der Verteidigung, sowie der Tatsache, dass sich der Angeklagte in Haft befindet und daher keine ungehinderten Ermittlungen betreiben kann, unterstützen. Da diese Aufgaben nicht unbedingt den Einsatz von höchstqualifizierten Anwälten erfordern, würde auch die vorgesehene Entlohnung jener von zusätzlichem juristischen Hilfspersonal entsprechen. Während das Tribunal das Recht des Angeklagten, sich selbst vor Gericht zu vertreten, in jedem Fall respektiere, ist dieser somit allein für daraus eventuell entstehende Benachteiligungen verantwortlich.

Die von Karadžić als Argument angeführte Grundanforderung, dass zwischen Anklage und Verteidigung "Waffengleichheit" (equality of arms) gegeben sein müsse, bezieht sich nach Darstellung der Registry auf die identischen prozeduralen Vorgaben, welchen die beiden Parteien unterworfen sein müssten und impliziere nicht, dass einem sich selbst vertretenden Angeklagten die gleichen Ressourcen zuerkannt werden müssten, wie einem durch einen Rechtsanwalt vertretenen.

Die Registry weist Karadžićs Vorwurf, dass für selbstrepräsentierte Angeklagte unter diesen Umständen keine Unterstützung durch qualifizierte Rechtsberater möglich wäre, zurück und verweist auf die große Anzahl von Anwälte mit langjähriger Erfahrung vor internationalen Tribunalen, welche derzeit vor dem ICTY in diversen Verteidigungsteams als juristisches Hilfspersonal - unter entsprechender Bezahlung - tätig sind. Der Registrar sieht insgesamt keinen Grund, die vorhandenen Vorgaben an Karadžićs Forderungen anzupassen und damit eine dezidierte Bereitsstellung von im Statut nicht vorgesehenen Rechtsbeiständen für sich selbst verteidigende Angeklagte "durch eine Hintertür" zu ermöglichen. Nach Ansicht der Registry steht dies nicht zuletzt in explizitem Widerspruch zu Sinn und Überlegungen hinter entsprechenden Gehaltvorgaben.

Das durch Karadžić mehrfach angeführte Argument der enormen Komplexität seines Verfahrens, wendet der Registrar schließlich mit Hinweis auf die dadurch zunehmend fraglich werdende ausreichende Fähigkeit und Qualifikation des Angeklagten zur Selbstrepräsentation, sowie die dementsprechend mögliche "Einschränkung seines Rechts auf Selbstrepräsentation", gegen ihn. In jedem Fall betrachtet die Registry eher die formelle Zuerkennung ordentlicher Rechtsvertreter, und nicht die geforderte Anpassung des bestehenden Gehaltsschemas, als mögliche Konsequenz von Karadžićs Antrag und fordert daher dessen gesamtinhaltliche Ablehnung durch die Strafkammer.

Neben Peter Robinson als Rechtsberater und Milivoje Ivanišević als Ermittler, wurde Karadžić durch die Registry zwischenzeitlich auch das dritte vorerst durch ihn beantragte Mitglied seines Verteidigungsteams, Goran Petronijević, als zweiter Rechtsberater zuerkannt.

siehe:

Registrar's submission pursuant to rule 33 (b) regarding Radovan Karadžić's motion for adequate facilities and equality of arms (02.12.2008)