29.01.2009

Reaktion Karadžićs auf geänderte Anklage

Nach der vollständigen Erfüllung der Verpflichtung zur Offenlegung gemäß Rule 66(A)(i) der RPE durch die Anklage am 14. Jänner 2009, brachte Radovan Karadžić am 28. Jänner 2009 fristgerecht seine Antwort auf den Antrag auf Anerkennung der überarbeiteten Anklageschrift vom 22. September 2008 ein.

In seiner Eingabe hält Karadžić zunächst fest, dass sämtliche enthaltenen Anklagepunkte unwahr wären, nachdem weder er noch die Republika Srpska jemals mit dem Ziel gehandelt hätten, bosnische Muslime oder Kroaten zu töten oder zu vertreiben bzw. die bosniakische Bevölkerungsgruppe - in Hinblick auf die Anklage wegen Völkermordes - ganz oder teilweise zu zerstören. Während sich seine Einwände in weiterer Folge auf Angelegenheiten beschränken, welche mit den Umständen seiner Verteidigung zu tun haben, behält sich Karadžić explizit vor, Einwände gegen die Zuständigkeit und Jurisdiktion des Tribunals, sowie die Form der Anklageschrift erst nach deren Annahme durch die Strafkammer im Rahmen von vor Prozessbeginn gestellten Anträgen ("preliminary motions") zu erheben. Nachdem die diesbezügliche Frist entsprechend Rule 72(A) der RPE grundsätzlich 30 Tage nach der vollständigen Offenlegung ausläuft, ersucht er die Strafkammer, im Fall einer Annahme der überarbeiteten Anklageschrift eine neue, von diesem Zeitpunkt aus gerechnete dreißigtägige Frist festzulegen.

Karadžić erklärt, generell keine Einwände gegen eine Überarbeitung der viel zu ausgedehnten und unförmigen derzeit gültigen Anklageschrift zu haben. Seiner Ansicht nach umfasst jedoch auch die geänderte Fassung immer noch zu viele Punkte, was ein jahrelanges Verfahren bedeuten würde. Er stellt fest, dass die Anklage in dieser Hinsicht offenbar keine Lehre aus der Erfahrung des Milošević-Prozesses gezogen habe, da sie nun erneut einen bei Prozessbeginn sogar noch älteren Angeklagten mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Anklagepunkten konfrontiere. Angesichts der Länge von bereits abgeschlossenen Prozessen mit vergleichbaren Anklagen sei mit einem jahrelangen "Mega-Verfahren" zu rechnen. Er appelliert daher an die Richter der Strafkammer, den diesbezüglichen Unwillen der Anklage zur Einschränkung der Vorwürfe auszugleichen und durch die volle Ausnützung ihrer Befugnisse unter Rule 50 der RPE zu einer Fokussierung des Verfahrens beizutragen. Karadžić schlägt vor, nur Teile der überarbeiteten Anklage anzunehmen, und erst nach dem diesbezüglichen Urteilsspruch über die Verhandlung der restlichen Punkte zu entscheiden. So sollte ihm zufolge zunächst nur einer der vier Hauptvorwürfe der überarbeiteten Anklage (Verbrechen in diversen Gemeinden in BiH ab 1991; Verbrechen in Zusammenhang mit der Belagerung von Sarajevo ab 1992; in Srebrenica 1995 verübte Verbrechen und Geiselnahmen im selben Jahr) verhandelt werden. Nicht zuletzt würde dies seinen Ausführungen zufolge auch dem UN-Sicherheitsrat die Möglichkeit geben, unabhängig von einem nicht abgeschlossenen Endlosverfahren zu entscheiden, wie lange das ICTY noch fortbestehen soll.

siehe:

Response to motion to amend indictment (28.01.2009)