16.03.2009

Erste "Preliminary Motion"

In der ersten seiner "preliminary motions", in deren Rahmen Radovan Karadžić bis 01. April 2009 Gelegenheit hat, Einwände gegen die Zuständigkeit oder Jurisdiktion des ICTY hinsichtlich der nun geltenden Anklageschrift zu erheben, fordert der Angeklagte am 10. März 2009 die Ablehnung von Absatz 60(k) der Anklage, welcher einen Teil des dritten Anklagepunkts "Verfolgung aus politischen, ethischen oder religiösen Gründen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit" darstellt. Im Wortlaut:

60. Acts of persecution carried out by members of the Serb Forces and
Bosnian Serb Political and Governmental Organs pursuant to one or more
of the joint criminal enterprises included:

(k) the imposition and maintenance of restrictive and discriminatory measures including:
i. the denial of freedom of movement;
ii. the removal from positions of authority in local government institutions and the police and the general dismissal from employment;
iii. the invasion of privacy through arbitrary searches of homes;
iv. unlawful arrest and/or the denial of the right to judicial process; and/or
v. the denial of equal access to public services.

Karadžić behauptet, dass die in diesem Absatz erhobenen Vorwürfe insgesamt nicht das für den Tatbestand eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit ausschlaggebende Ausmaß, etwa gemessen an der Anzahl der Betroffenen, erreichen würden. In ihrer Schwere seien sie daher nicht als gleichwertig zu den in Artikel 5 des Statuts des Tribunals, welcher dessen Zuständigkeit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit festlegt, genannten Verbrechen zu betrachten.

Sollte die Strafkammer dennoch zu dem Schluss kommen, dass die in Absatz 60(k) beschriebenen Taten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Artikel 5 des Statuts gewertet werden können, ersucht Karadžić um Entfernung dieses Unterpunktes auf Grund der Tatsache, dass die unspezifische Formulierung, welche keinerlei Angaben zu Orten, Daten oder beteiligten Personen enthalte, ihm die Vorbereitung einer stichhaltigen Verteidigung zu den Vorwürfen unmöglich mache.

Die Anklagevertretung reagierte am 23. März 2009 mit einer Eingabe auf Karadžićs Antrag, in welcher sie festhielt, dass sich die Zuständigkeit des Tribunals sehr wohl auf die in Absatz 60(k) aufgeführten Straftaten unter dem Vorwurf der Verfolgung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit erstrecke, da diese gemeinsam mit anderen in der Anklage enthaltenen Taten das notwendige, schwere Ausmaß erreichen würden.

In seiner Antwort vom 20. April 2009 betont Karadžić erneut, dass es zwar richtig sei, dass nicht jede einzelne Tat innerhalb der Anklageschrift für sich selbst den Anforderungen genügen müsse, es aber dennoch seitens der Anklage nicht zulässig sei, eine ganze Bandbreite von Vorfällen in die Anklageschrift aufzunehmen und erst im Rahmen des Verfahrens darstellen zu wollen, dass diese den Voraussetzungen für eine Verfolgung durch das ICTY überhaupt gerecht werden. Weiters verstehe er angesichts des enormen Umfangs und der Schwere der Vorwürfe gegen ihn nicht, inwiefern die Herbeileitung der Verantwortlichkeit für vergleichsweise so insignifikante Taten, welche für sich allein genommen noch nicht einmal den Grundanforderungen für eine Verfolgung durch das Tribunal entsprechen, notwendig oder sinnvoll sei. Auch der von ihm kritisierte Mangel an konkreten Angaben zu den verübten Taten sei weder durch die Antwort der Anklage, noch ihr am 08. April 2009 herausgegebenes Pre-Trial-Brief behoben worden.

siehe:

Motion for leave to reply, and reply brief: preliminary motion to dismiss paragraph 60(k) for lack of jurisdiction (20.04.2009)
Preliminary motion to dismiss paragraph 60(k) for lack of jurisdiction (10.03.2009)