17.03.2009

Weitere Entscheidung bezüglich Offenlegung (EDS)

Am 10. März 2009 gab die Strafkammer eine gemeinsame Entscheidung hinsichtlich der durch Radovan Karadžić gestellten Anträge vom 06. Februar und 03. März 2009 heraus. Karadžić hatte in ersterem Antrag gefordert, dass die Anklagevertretung dazu verpflichtet werden solle, ihm Beweismittel nach Rule 68 der RPE nicht nur über das Elektronische Offenlegungssystem des ICTY (Electronic Disclosure System, EDS), sondern auch auf CD/DVD zu übermitteln. Er begründete dies einerseits mit dem limitierten Zugang seines Verteidigungsteams zum EDS, welcher derzeit außer ihm nur zwei weiteren Personen möglich sei, sowie andererseits mit der Befürchtung, dass die Anklagevertretung über das EDS nachvollziehen könne, welche Unterlagen und Materialien die Verteidigung einsehen würde, und daraus auch seine Verteidigungsstrategie ableiten könne. Die Anklage hatte darauf am 17. Februar 2009 mit der Erwiderung reagiert, dass die Herstellung von CDs/DVDs mit Beweismitteln eine unnötige Belastung für die Anklagevertretung darstelle; umso mehr, da das EDS gegenüber auf CD/DVD gespeicherten Unterlagen den Vorteil der vollständigen Durchsuchbarkeit biete, woraus sich auch eine wesentliche Zeitersparnis für den Angeklagten ergäbe. Weiters hielt sie fest, keinerlei Zugang zu den Benutzer- und Zugriffsdaten innerhalb des EDS zu besitzen. Letzteres wurde durch die Registry, welche das EDS unterhält und lediglich auf Anweisung der Anklagevertretung aktualisiert und erweitert, in ihrer diesbezüglichen Darstellung vom 05. März 2009 bestätigt. Die Strafkammer kam diesbezüglich zu dem Schluss, dass die durch den Angeklagten als Untermauerung seiner Forderung nach einer Offenlegung per CD/DVD angeführten Entscheidungen nicht in Bezug auf vergleichbare Sachverhalte getroffen wurden und zeigte sich mit der aktuellen Praxis der Anklage zufrieden. Karadžićs Antrag wurde dementsprechend abgewiesen.

Die zweite Forderung bezog sich auf die Eingabe der Registry vom 23. Februar 2009, in welcher diese Bedenken auf Grund der im Falle selbstrepräsentierter Angeklagter vergleichsweise ungenau definierten Zugehörigkeit zum Team der Verteidigung hinsichtlich Fragen der Offenlegung vertraulicher Beweismittel zum Ausdruck brachte. Karadžić hatte daraus in seiner Eingabe vom 03. März 2009 eine Forderung nach Neubewertung der Entscheidung über die Entlohnung seines Verteidigungsteams abgeleitet, welche die Strafkammer jedoch nicht als gerechtfertigt betrachtete. Ihrer Ansicht zufolge hatte der Registrar keineswegs seinen "Widerwillen", einer größeren Anzahl von Teammitgliedern den Zugang zu vertraulichen Unterlagen zu gewähren, geäußert, sondern lediglich um genaue diesbezügliche Vorgaben seitens der Strafkammer gebeten. Sie entschied dementsprechend, dass jede Person, welche dem Angeklagten wie die bereits vorhandenen drei Juristen Peter Robinson und Goran Petronijević als Rechtsberater, sowie Milivoje Ivanišević als Ermittler, durch die Registry zur Seite gestellt würden, als Mitglieder seines Teams hinsichtlich des Zugang zu Informationen zu gelten hätten. Sämtliche den Angeklagten darüber hinaus unterstützenden Personen wären entsprechend ihrer Entscheidung über Schutzmaßnahmen für Zeugen vom 20. Oktober 2008 als Angehörige der Öffentlichkeit zu betrachten und daher - sollte eine Offenlegung von vertraulichen Informationen an sie zur Vorbereitung der Verteidigung unumgänglich sein - entsprechend Absatz 34(l) der Entscheidung durch den Angeklagten auf die Vertraulichkeit der Unterklagen hinzuweisen, welche sie weiters nach Fertigstellung ihrer Arbeit unverzüglich wieder an ihn zu übergeben haben. Die Strafkammer schreibt somit nicht explizit vor, dass die Mitglieder des erweiterten Verteidigungsteams Vertraulichkeitserklärungen unterschreiben und an die Registry übermitteln müssen.

siehe:

Decision on motions for disclosure of rule 68 material and reconsideration of decision on adequate facilities (10.03.2009)
Registry submission regarding the electronic disclosure system (05.03.2009)
Prosecution response to Karadzic's motion for disclosure of rule 68 material (17.02.2009)
Accused's motion for disclosure of rule 68 material (06.02.2009)
Decision on protective measures for witnesses (30.10.2008)