Mit Antrag vom 14. April 2009 ersucht Radovan Karadžić, wie bereits in Rahmen einer Statuskonferenz im Jänner 2009 angesprochen, um die dringende Aufklärung zweier Durchsuchungen, welche in den Häusern seiner Ehefrau, sowie seiner Schwägerin in Pale durchgeführt wurden. Karadžić gibt an, dass das Haus seiner Frau am 03. Dezember 2008 gegen 3:00 Uhr früh durch "internationale Truppen", welche behaupteten, im Auftrag des ICTY zu handeln, durchsucht wurde. In ähnlicher Weise fand am 27. März 2009 eine Durchsuchung des Hauses seiner Schwägerin statt, wobei diese offiziell durch den Obersten Gerichtshof für Bosnien und Herzegovina angeordnet wurde. Gemäß den durch Karadžić vorgelegten Dokumenten, welche er mutmaßlich durch eine Quelle am Gerichtshof erhalten hat, fand die Durchsuchung jedoch unter Mitwirkung zweier namentlich genannter Mitarbeiter des Büros des Chefanklägers am ICTY statt.
Mehrere diesbezügliche Anfragen seines Rechtsberaters Peter Robinson an den derzeitigen Hohen Repräsentanten für BiH, Valentin Inzko, sowie seinen Vorgänger Miroslav Lajčák, den Kommandanten der NATO in Bosnien und Herzegovina und auch die Anklagevertretung und Registry des ICTY blieben Karadžić zufolge entweder unbeantwortet oder förderten keine genaueren Informationen hinsichtlich der Autorisierung dieser Durchsuchung zu Tage. Seiner Ansicht nach dienen die Durchsuchungen, welche immerhin 14 bis 17 Jahre nach den für seine Anklage relevanten Ereignissen stattfinden, primär der Einschüchterung jener Personen, auf welche er als Zeugen der Verteidigung bzw. Informanten angewiesen ist.
Karadžić fordert die Strafkammer auf, eine Anhörung anzusetzen, in welcher sowohl die Rechtfertigung, als auch die letztendliche Verantwortung für die Durchsuchungen etabliert werden sollen. Sollte sich im Rahmen der Untersuchung dieser Vorfälle herausstellen, dass sie tatsächlich seitens der Anklagevertretung des ICTY autorisiert und unterstützt wurden, oder die Strafkammer eine Untersuchung ablehnen, fordert er die Einstellung des Verfahrens gegen ihn auf Grund von Prozessmissbrauch ("abuse of process") seitens der Anklagevertretung.
siehe:
Accused's motion to dismiss for abuse of process (14.04.2009)