23.04.2009

Antwort Rasim Delićs auf Antrag Karadžićs

In Reaktion auf einen am 14. April 2009 durch Radovan Karadžić gestellten Antrag auf Einsichtnahme in vertrauliche Informationen im Verfahren gegen Rasim Delić (IT-04-83), erging am 17. April 2009 eine Eingabe durch dessen Verteidigung, welche die Ablehnung des Antrags fordert.

Nach Ansicht der Rechtsvertreter Delićs versucht Karadžić zur Rechtfertigung seines Antrags einen nicht bestehenden Zusammenhang zwischen den beiden Verfahren herzustellen, welcher sich jedoch lediglich aus der zwangsläufig vorhandenen zeitlichen und örtlichen Überschneidung zwischen den jeweils erhobenen Vorwürfen ergibt. Ihnen zufolge seien die Gemeinsamkeiten, dass beiden Angeklagten in Bosnien und Herzegovina verübte Taten vorgeworfen werden, welche in Delićs Fall im Jahr 1995 und in Karadžićs Fall zwischen 1991 und 1995 - also der gesamten Dauer des Bosnienkrieges - stattgefunden hätten, entgegen dem gestellten Antrag nicht ausreichend für eine Einsichtnahme. Nachdem Karadžić keinen darüber hinausreichenden, gemeinsamen Kontext darlegt und weiters nicht ausführt, inwiefern vertrauliche Materialien aus dem Prozess gegen Delić überhaupt für die Vorbereitung und Präsentation seiner Verteidigung hilfreich seien, betrachten sie den Antrag als unbegründet.

Weiters habe er die geforderten Unterlagen nicht, wie entsprechend der Praxis des ICTY notwendig, konkret aufgeführt, sondern lediglich eine Forderung nach "sämtlichen vertraulichen Materialien" gestellt - für die Verteidigung Delićs ein klares Zeichen dafür, dass es sich bei dem Antrag lediglich um einen offenkundigen Versuch, im Trüben zu fischen, handle. Angesichts der Verpflichtungen gegenüber geschützten Zeugen im Verfahren gegen Delić sei der Antrag unter diesen Umständen abzulehnen.

Rasim Delić, ehemaliger Kommandant der bosnisch-herzegovinischen Armee (ABiH), wurde auf Grund seiner Verantwortlichkeit als Vorgesetzter für die in Gefangenenlagern nahe Zavidovići verübten Verbrechen wegen grausamer Behandlung als Verstoß gegen die Gesetze oder Gebräuche des Krieges am 15. September 2008 zu drei Jahren Haft verurteilt. Sowohl die Anklagevertretung als auch die Verteidigung beantragten eine Berufung; das Berufungsverfahren hat derzeit noch nicht begonnen.

Durch Karadžić wurde in den letzten Wochen entsprechend dem üblichen Prozessverlauf eine Anzahl von Anträgen auf Einsichtnahme in vertrauliche Informationen in sowohl derzeit laufenden, als auch bereits abgeschlossene Verfahren gestellt.

Die Anklagevertretung schloss sich der Sichtweise der Verteidigung Rasim Delićs in einer Eingabe vom 24. April 2009 an. Auch sie fordert die Ablehnung von Karadžićs Antrag auf Grund der fehlenden Basis für eine Einsichtnahme in vertrauliche Unterlagen.

siehe:

Prosecution response to motion by Radovan Karadzic for access to all confidential material - Rasim Delic (24.04.2009)
Response by Rasim Delic to motion by Radovan Karadzic for access to confidential materials in the Delic case (17.04.2009)