31.03.2009

Siebente Preliminary Motion

Am 30. März 2009 wurde durch Radovan Karadžić eine weitere "preliminary motion" hinsichtlich der Anklageschrift eingebracht, die wie schon einige vorhergehende derartige Anträge in Zusammenhang mit der ihm vorgeworfenen Beteiligung an "gemeinschaftlichen kriminellen Unternehmungen" (JCE) stehen. Konkret fordert Karadžić die Entfernung von Vorwürfen hinsichtlich seiner direkten Verantwortlichkeit nach Artikel 7(1) des Statuts, welche mit seiner Beteiligung an JCE III begründet werden. Diese werden hinsichtlich einiger Anklagepunkte als "Alternative" zu einer direkten Verantwortlichkeit, auf Grund der Planung und Anordnung der jeweiligen Taten, angeführt.

Karadžićs Darstellung zufolge ist hinsichtlich solcher Verbrechen, für deren Vorliegen nicht nur konkrete Taten, sondern darüber hinaus eine dahinterstehende "spezielle Absicht" (special intent) nachgewiesen werden muss, keine Verurteilung lediglich über die Beteiligung an einem JCE möglich, da die erforderliche "Absicht" hier nur unzureichend nachgewiesen oder vorausgesetzt werden kann. Er fordert daher die Streichung der auf seine Beteiligung an den relevanten JCEs bezogenen Punkte innerhalb der Anklagepunkte 1 (Völkermord), 2 (Völkermord - Srebrenica) und 3 (Verfolgung), welche sich lediglich auf die für ihn als Mitglied des JCE angeblich gegebene "Vorhersehbarkeit" stützen. Nicht nur in diesem Aspekt ist der Antrag somit eng verwandt mit einer früheren "preliminary motion" vom 16. März 2009.

Am 20. April 2009 tätigte Radovan Karadžić eine neuerliche Eingabe in Antwort auf die Reaktion der Anklage vom 14. April 2009. Auf Grund einer völlig gegenteiligen Interpretation der durch die Anklage zur Untermauerung ihrer Sichtweise herangezogenen Entscheidungen des ICTY und ICTR, aus welcher diese die Möglichkeit einer Anklage wegen Völkermord auch unabhängig von einer spezifisch nachweisbaren Absicht innerhalb eines JCE ableitete, kommt Karadžić darin zu dem Schluss, dass - wie bereits durch ihn festgehalten - dadurch Vorwürfe wie Verfolgung oder Völkermord auf Grund der nicht nachweisbaren Absicht keineswegs abgedeckt seien. Das Argument der Anklage, eine gegebenenfalls unzureichend nachgewiesene Absicht könne durch die Verhängung eines vergleichsweise niedrigeren Strafmaßes am Ende des Verfahrens widergespiegelt werden, kontert Karadžić mit dem Verweis auf den Urteilsspruch der Berufungskammer im Verfahren gegen Radislav Krstić (IT-98-33). Nachdem sie im Gegensatz zur Strafkammer befunden hatte, dass Krstić die spezifische Absicht, Völkermord zu verüben, nicht nachgewiesen werden könne, entschied die Berufungskammer, die Verurteilung wegen Völkermord auf Grund der Beteiligung an einem entsprechenden JCE in eine wegen Beihilfe zum Völkermord umzuwandeln. Die ebenfalls vorgenommene Kürzung des Strafmaßes von 46 auf 35 Jahre Haft allein wurde also nicht als ausreichend empfunden. Karadžićs Ansicht nach versucht die Anklagevertretung, den offensichtlich vorhandenen, auch moralischen Unterschied zwischen dem Begehen von und der Beihilfe zum Völkermord in ihrer Eingabe herunterzuspielen.

siehe:

Accused's motion for leave to reply and reply brief: preliminary motion to dismiss JCE III - special-intent crimes (20.04.2009)
Accused's preliminary motion to dismiss JCE III - special-intent crimes (27.03.2009)