05.05.2009

Berufung gegen Entscheidung bez. Arbeitssprache

Gemäß der am 22. April 2009 durch die Strafkammer erteilten Genehmigung, brachte Radovan Karadžić am 29. April 2009 seine Berufung gegen die Entscheidung vom 26. März 2009, welche Englisch als Arbeitssprache für seinen Prozess festlegte, ein.

Darin legt er dar, dass die Strafkammer seiner Ansicht nach schwere Fehler bei der Beurteilung des Antrags der Anklagevertretung, Englisch als "Sprache die der Angeklagte versteht" festzulegen, gemacht habe. Angesichts des enormen Umfangs der strittigen Dokumente und Beweisunterlagen von zehntausenden Seiten, würde die Entscheidung zwar zugegebenermaßen eine Zeitersparnis auf Grund der entfallenden Übersetzung mit sich bringen, zugleich jedoch auch eine schwere Beeinträchtigung seiner Rechte bedeuten. Die Vorbereitung seiner Verteidigung werde wesentlich durch die Tatsache behindert, dass ihm die b/k/s-Übersetzungen von Verfahrensprotokollen nunmehr wieder lediglich als Tonmaterial - und nicht, wie in der früheren diesbezüglichen Entscheidung vom 25. November 2008 festgelegt, in schriftlicher Form - zur Verfügung gestellt werden müssen.

Karadžić zufolge habe die Strafkammer in ihrer Entscheidung nicht überprüft, welches Mindestmaß an Sprachkenntnissen ein Angeklagter zur entsprechenden Festlegung der Arbeitssprache überhaupt aufweisen müsse. Vielmehr scheine die Kammer sich hier an viel zu niedrige und in der Entscheidung auch nicht eindeutig definierte Vorgaben gehalten zu haben, nachdem sie keineswegs seine Eignung, basierend auf englischsprachigen Dokumenten einem Gerichtsverfahren zu folgen und seine Verteidigung effizient vorzubereiten, überprüft habe, sondern sich lediglich an überwiegend jahrzehntealte Beweise halte, um nachzuweisen, dass er grundsätzlich Englisch verstehe.

Besonders empört zeigte sich Karadžić über die Aussage der Strafkammer, dass dies nur einer der zwangsläufig mit der Entscheidung, sich selbst zu repräsentieren, verbundenen Nachteile sei. Er gibt an, sich durchaus mit eventuellen Benachteiligungen in Hinblick auf die für seine Verteidigung verfügbare Rechtsberatung abzufinden und diese angesichts der seiner Meinung nach überwiegenden Vorteile auch bewusst in Kauf zu nehmen. Weiters betont er jedoch, manche Einschränkungen, darunter neben der aktuellen Frage der Arbeitssprache auch die durch ihn bereits beanstandete, geringe Entlohnung seiner Mitarbeiter oder die Schwierigkeiten bei der Ermöglichung von Treffen mit potentiellen Zeugen in der UN Detention Unit in Den Haag nicht durch seine Entscheidung, sich selbst zu verteidigen, zu rechtfertigen wären. Vielmehr müsse sichergestellt werden, dass einem selbstrepräsentierten Angeklagten sämtliche davon betroffenen Unterlagen in einer Sprache, welche er vollständig versteht, zugänglich gemacht werden, um dessen Recht auf Selbstrepräsentation nicht zu untergraben. Das Verfahren in einer Sprache nachvollziehen zu müssen, welche er nicht vollständig versteht, könne laut Karadžić nicht einfach als Nachteil abgetan werden, welcher mit seiner Entscheidung, sich selbst zu vertreten, verbunden ist - sehr wohl seien die hier aufgeworfenen Fragen jedoch ein Problem, welches aus der Tatsache erwachse, dass das ICTY zwar zwei offizielle Arbeitssprachen aufweist, in welchen auch schriftliche Protokolle angefertigt werden; sich diese jedoch beide von den Landessprachen der betroffenen Region unterscheiden.

Davon abgesehen gab die Anklagevertretung am 04. Mai 2009 in einer Eingabe bekannt, dass es ihr nicht möglich sein werde, die Offenlegung der Audioaufnahmen in b/k/s gemäß Rule 66(A)(ii) der RPE wie im Zeitplan vorgesehen bis zum 07. Mai 2009 vollständig abzuschließen. Als realistische Frist dafür wurde der 30. Juni 2009 angegeben.

siehe:

Prosecution's notification of disclosure of B/C/S audios (04.05.2009)
Appeal of trial chamber's deicison on languages (29.04.2009)