02.12.2008

Erläuterungen Karadžićs zu Antrag auf Offenlegung

In einer Eingabe vom 28. November 2008 antwortet Radovan Karadžić auf die Reaktion der Anklage auf seinen Antrag auf Offenlegung von Materialien mit Bezug zu seinem angeblich mit Richard Holbrooke geschlossenen Amnestie-Abkommen. Er ersucht die Strafkammer, diese neuerliche Eingabe bei ihrer diesbezüglichen Entscheidung zu berücksichtigen.

In dem Schriftstück erläutert Karadžić seine Angaben hinsichtlich der Unterlagen, deren Offenlegung er in seinem Antrag fordert, nachdem die Anklage unter anderem deren nicht ausreichend präzise Eingrenzung kritisiert hatte. Karadžić erwähnt ein im Oktober 2007 mit Florence Hartmann, einer vor Kurzem vor dem ICTY wegen Missachtung des Gerichts belangten, früheren Mitarbeiterin des Büros der ehemaligen Chefanklägerin Carla Del Ponte, geführtes Interview, in dem ein Treffen zwischen dem auch in die Dayton-Verhandlungen involvierten ehemaligen Oberbefehlshabers der NATO, Wesley Clark, und der damaligen ICTY-Chefanklägerin Louise Arbour erwähnt wurde. Bei diesem Treffen sei auch über eine Festnahme Karadžićs gesprochen worden, wobei Clark angeblich ankündigte, in diesem Fall mit Warren Christopher eine Vereinbarung auszuhandeln, der zufolge Karadžić nicht vor das ICTY gebracht werde. Hartmann räumte im Interview ein, bei diesem Treffen zwar nicht anwesend gewesen zu sein, jedoch entsprechende Protokolle gelesen zu haben, deren Inhalt durch bei der Zusammenkunft anwesende Angehörige des Tribunals auch bestätigt wurde. Karadžić führt diese Protokolle als Beispiel für Unterlagen, welche durch seinen Antrag abgedeckt werden, an, da sie die mögliche Existenz des von ihm dargestellten Abkommens bestätigen könnten.

Seine durch die Anklage als "irrelevant" abgelehnte Forderungen nach Offenlegung von Materialien, welche das Verhältnis zwischen dem ICTY, den USA und dem UN-Sicherheitsrat illustrieren, rechtfertigt Karadžić mit der Anwendbarkeit der angeblich getroffenen Vereinbarung auf das ICTY, welche sich aus einer Herleitung der effektiven Kontrolle des Friedensprozesses in BiH inklusive der Arbeit des Tribunals durch die USA und der daraus resultierenden Ordnungsmäßigkeit der Vereinbarung eines solchen Abkommens durch Richard Holbrooke ergibt. Nachdem das Abkommen nach Karadžićs Ansicht zu einer Einstellung des Verfahrens gegen ihn führen könnte, sofern seine Existenz, sowie seine Relevanz für die Tätigkeit des ICTY bewiesen werden, fallen seiner Einschätzung zufolge sämtliche angeforderten Materialien unter Rule 68 der RPE. Er ersucht die Strafkammer daher erneut, seinem am 05. November 2008 eingebrachten Antrag stattzugeben.

siehe:

Accused's motion for leave to reply and reply brief: Motion for inspection and disclosure: Holbrooke agreement (28.11.2008)